Berufsvalidierung
Das berufliche Feststellungsverfahren (Validierungsverfahren) dient der Feststellung und Bescheinigung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit am Maßstab eines anerkannten Ausbildungsberufs (*§§ 50b. ff BBiG / §§ 41b. ff. HwO*).
Menschen ohne Berufsabschluss in ihrem Tätigkeitsfeld haben es in der Arbeitswelt nicht immer leicht. Ihnen fehlt ein anerkannter Nachweis über ihr fachliches Knowhow und über das, was sie können.
Beispielsweise wenn sie arbeitslos werden, kann dies ein handfestes Problem werden, denn auf dem Arbeitsmarkt werden sie leicht übersehen oder unterschätzt. Aber auch ein Arbeitgeberwechsel kann sich ohne Nachweis schwierig gestalten.
Mit dem Validierungsverfahren werden berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Referenzberuf) erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, bewertet und bescheinigt. Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens wird die berufliche Handlungsfähigkeit bei vollständiger Vergleichbarkeit in einem Zeugnis oder bei überwiegender Vergleichbarkeit in einem Bescheid schriftlich bescheinigt.
Das hilft nicht nur der Einzelperson, sondern auch den Betrieben. Sie können damit die Fähigkeiten und das Können von Menschen ohne Berufsabschluss besser einschätzen. So können Sie Ihre Mitarbeitenden passgenauer einsetzen und zielgerichtet weiterqualifizieren. Für Ihren Betrieb kann das Verfahren somit zu einem Baustein in einer Gesamtstrategie zur Fachkräftesicherung und Mitarbeiterbindung werden.
Fragen und Antworten (FAQ)
Das Verfahren richtet sich an Erwachsene
• mit mehrjähriger Berufserfahrung,
• ohne Berufsabschluss im ausgeübten Beruf,
• mit Interesse an einem Nachweis über ihre Kompetenzen,
• für die eine Externenprüfung (noch) nicht in Frage kommt.
Teilnehmen können Personen, die
• mindestens 25 Jahre alt sind,
• das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit als Berufserfahrung nachweisen können,
• ihren Wohnsitz in Deutschland haben oder die Hälfte der nötigen Berufserfahrung in Deutschland erworben haben
• im Referenzberuf keinen deutschen Berufsabschluss oder keinen anerkannten ausländischen Abschluss haben sowie,
• nicht in einem Berufsausbildungsverhältnis im Referenzberuf stehen.
Da das gesamte Verfahren auf Deutsch durchgeführt wird, sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig.
Das gesamte Verfahren wird auf Deutsch durchgeführt, daher sind ausreichende Sprachkenntnisse nötig. Das betrifft vor allem die Fachsprache im jeweiligen Beruf. Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie sich von Ihrer Kammer beraten.
Der Referenzberuf ist der duale Ausbildungsberuf, in dem die berufliche Handlungskompetenz festgestellt werden soll.
Das Verfahren erfolgt in vier Schritten.
1. Information und Beratung
Die interessierte Person erhält erste Informationen zum Verfahren und zu den Dokumenten, die für die Antragsstellung benötigt werden. Außerdem kann der passende Referenzberuf identifiziert werden. Der Referenzberuf ist ein dualer Ausbildungsberuf.
2. Antragsstellung
Die interessierte Person dokumentiert die beruflichen Fähigkeiten entlang des eigenen Lebenslaufs. Für die Antragsstellung werden die Angaben durch Arbeitszeugnisse, Arbeitsnachweise oder Zertifikate belegt. Die zuständige Stelle prüft den eingereichten Antrag und wertet die eingereichten Dokumente und Nachweise aus.
3. Bewertung
Ein Feststellungstandem, das aus zwei Prüfer/-innen besteht, stellt insbesondere mit praktischen und mündlichen Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit im Gesamten oder in überwiegenden Teilen des Berufsbildes fest.
4. Ergebnismitteilung
Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens stellt die Kammer ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf oder einen Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus.
Kann keine ausreichende berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt.
• Kopie eines Identitätsnachweises (z.B. Personalausweis, Reisepass)
• Kopie eines Wohnsitznachweises (z.B. Personalausweis, Aufenthaltstitel)
• Angaben zur Berufserfahrung im Referenzberuf (z.B. aktueller Lebenslauf)
• Nachweise über den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit (z.B. Arbeitszeugnisse, Weiterbildungen, Schulungen)
• ggf. Antrag auf Nachteilsausgleich
Nachweise, die in einer anderen Sprache als in Deutsch ausgestellt sind, müssen in der Regel mit einer Übersetzung eingereicht werden.
Das Validierungsverfahren endet mit einem Zeugnis oder Bescheid. Folgende Ergebnisse sind möglich:
• Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
• Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
• Bescheid über die Ablehnung des Antrags, wenn keine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit festgestellt werden kann
• Für Menschen mit Behinderung, für die auf Grund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist:
Bescheid über die teilweise Vergleichbarkeit ihrer beruflichen Handlungsfähigkeit (siehe FAQ “Gibt es besondere Bestimmungen für Menschen mit Behinderung?”)
Hinweis:
Es wird kein Berufsabschluss vergeben. Diesen erhält nur, wer eine deutsche *Gesellen- oder Abschlussprüfung* erfolgreich ablegt.
• Anspruch auf Zulassung zur Gesellenprüfung bzw. Abschlussprüfung (sog. Externenprüfung)
• Anspruch auf Zulassung zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe (z.B. geprüfter/geprüfte Berufsspezialist/-in, Bachelor Professional) (ggf. weitere Zulassungskriterien beachten)
• Ausbildungsberechtigung: Mit einem Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit liegt die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder vor. Die berufs- und arbeitspädagogische Eignung muss zusätzlich nachgewiesen werden (AEVO-Prüfung, Teil IV der Meisterprüfung), um ausbilden zu dürfen.
Hinweis: Auch ohne ein Zeugnis, das die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit bescheinigt, besteht die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen zur Externenprüfung bzw. zur Prüfung der ersten und zweiten Fortbildungsstufe zugelassen zu werden. Auch die fachliche Eignung als Ausbilderin oder Ausbilder kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Kammer widerruflich zuerkannt werden.
Bei Erhalt eines Bescheides über die überwiegende Vergleichbarkeit, kann binnen fünf Jahren ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren gestellt werden. Dieses hat das Ziel, die vollständige Vergleichbarkeit zu erreichen.
Das Ergänzungsverfahren richtet sich auf die Feststellung der vollständigen Vergleichbarkeit der beruflichen Kompetenzen. Ein Antrag auf ein Ergänzungsverfahren kann nur einmal gestellt werden.
Im Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit ist differenziert aufgeführt, für welche Bereiche die berufliche Handlungsfähigkeit besteht und für welche Bereiche sie nicht besteht. Im Ergänzungsverfahren werden nur die Bereiche bewertet, für die zuvor keine Handlungsfähigkeit festgestellt wurde.
Bei einem ablehnenden Bescheid kann nach einer Frist von 12 Monaten erneut ein Antrag zum Zwecke der Wiederholung gestellt werden. Dafür muss glaubhaft gemacht werden, dass neue oder zusätzliche berufliche Handlungsfähigkeit erworben wurde.
Die neuen rechtlichen Regelungen zum Validierungsverfahren werden erstmalig ab 1. Januar 2025 angewendet. Eine Antragsstellung bei zuständigen Stellen ist somit ab 1. Januar 2025 möglich.
Die Antragsunterlagen finden Sie im Bereich Downloads.
Bitte beachten Sie, dass das Validierungsverfahren gebührenpflichtig ist.
Für Antragssteller die ihren Wohnsitz im Bereich der Handwerkskammer Ulm haben und einen handwerklichen Beruf ausüben ist die Handwerkskammer Ulm die zuständige Stelle.
Bitte beachten Sie, dass mit der Antragsstellung eine Gebühr erhoben wird. Lassen Sie sich vor einer Antragstellung beraten.
Die Erstberatung findet bei der Handwerkskammer Ulm statt.
Die Durchführung des Verfahrens übernimmt für die Bezirke, Bundesland die *Name der Kammer*. .
Das Validierungsverfahren wird in allen dualen Ausbildungsberufen angeboten, deren Zuständigkeit bei der Handwerkskammer Ulm liegen.
Die erste Beratung findet bei Ihrer Kammer vor Ort statt.
Die Organisation und Durchführung übernehmen unterschiedliche Kammern. Welche Kammer Ihre Validierung durchführt hängt vom Referenzberuf ab. Wir vermitteln Sie zu der passenden Stelle.
Die praktische Bewertung Ihrer beruflichen Kompetenzen führt ein Feststellungstandem durch. Dieses besteht aus zwei für das Verfahren geschulte Prüfer/-innen. Grundlage für die Bewertung ist die jeweilige Ausbildungsordnung des Berufs.
Die gesamte Dauer hängt unter anderem von den individuellen Voraussetzungen, vom Umfang des Antrags und dem jeweiligen Beruf ab.
Die praktische Bewertung kann, je nach Beruf und Umfang der zu bewertenden beruflichen Handlungsfähigkeit, zwischen einem Tag und mehreren Tagen dauern.
Mit dem Bescheid der Kammern erhalten Arbeitgeber eine verlässliche Bewertung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Mitarbeitenden oder von Bewerber/-innen, die keinen Berufsabschluss haben. So können diese passgenau eingesetzt oder zielgerichtet weiterqualifiziert werden.
Nicht zuletzt bedeutet das Zeugnis bzw. der Bescheid eine besondere Wertschätzung und kann die die Mitarbeiterbindung stärken: Beruflich kompetente Menschen können im Betrieb gehalten und motiviert werden, sich weiterzuentwickeln. Somit leistet das Validierungsverfahren auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung.
Für Menschen mit Behinderung nach §2 Absatz 1 Satz 1 SGB IX gelten zusätzliche Regelungen:
- • Es kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden, wenn sich die gesundheitliche Einschränkung auf die Kompetenzfeststellung auswirkt.
• Es kann ein Antrag auf eine Verfahrensbegleitung gestellt werden.
Wenn aufgrund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist, gibt es eine zusätzliche Möglichkeit:
- • Es ist ein Antrag auf teilweise Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit möglich.
• Die Altersgrenze von mindestens 25 Jahren für die Antragsstellung entfällt.
Sie haben keinen Berufsabschluss, aber wertvolle Berufserfahrung?
Mit dem Berufsvalidierungsverfahren können wir Ihre beruflichen Kompetenzen offiziell anerkennen lassen. Dies schafft klare Vorteile für Sie auf dem Arbeitsmarkt und erleichtert die Weiterentwicklung in Ihrem Tätigkeitsfeld.
Interessiert? Nutzen Sie unser Kontaktformular, um mehr zu erfahren oder direkt einen ersten Schritt zu machen. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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