Handwerkskammer Ulm trägt Interessen der regionalen Betriebe in Brüssel vor – Austausch zu kommenden europäischen Gesetzen – KMU-Entlastungspaket kommt
Der Vorstand der Handwerkskammer Ulm hat sich in Brüssel mit Europaabgeordneten und Vertretern der Europäischen Kommission zu den aktuellen politischen Themen fürs Handwerk ausgetauscht. Die elf Vertreterinnen und Vertreter aus den sechs Landkreisen und unterschiedlichen Gewerken repräsentieren die Interessen der mehr als 20.000 Betriebe zwischen Ostalb und Bodensee. Dazu gehört es auch, sich um die kommenden europäischen Rahmenbedingungen zu kümmern. Vor Ort wurden die Themen besprochen, die das Handwerk im Kammergebiet besonders betreffen: Hierzu zählen etwa das neue EU-Lieferkettengesetz, das Europäische Datengesetz („Data Act“), die Abgasnorm Euro-7, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und die EU-Initiative zur betrieblichen Fachkräftesicherung. „Wir versuchen jetzt schon die europäischen Gesetze zu beeinflussen, die erst in den kommenden Jahren fürs Handwerk kommen — und direkt in unserer Region Auswirkungen haben werden. Wir müssen uns in Brüssel Gehör verschaffen und die Interessen und Anliegen des Handwerks deutlich platzieren“, so Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer Ulm.
Bürokratieabbau für kleinere und mittlere Betriebe gefordert
Ein Dauerthema sind die bürokratischen Hürden, mit denen insbesondere kleinere Handwerksbetriebe im Alltag zu kämpfen haben. Die Bürokratielast in den Betrieben der Region trägt auch zum Fachkräftemangel bei. Denn die ausgebildeten Fachkräfte im Handwerk sind oftmals zu einem großen Teil mit Tätigkeiten beschäftigt, die nichts mit handwerklicher Wertschöpfung oder dem eigentlichen Kundenauftrag zu tun haben. Sie müssen Anträge stellen, Genehmigungen befördern oder umfassende Dokumentationen durchführen. Das alles führt dazu, dass etwa weniger PV-Anlagen installiert werden können und weniger Brennstoffzellen in den Kellern der Verbraucher landen. „Unsere Handwerksbetriebe würden lieber ihrer handwerklichen Tätigkeit nachgehen und beispielsweise die Energie- und Klimawende umsetzen, als sich im Dickicht der Bürokratie und des Papiers zu vergeuden und ausbremsen zu lassen“, so Krimmer. Diese Bürokratielast stand besonders im Mittelpunkt des Austausches mit Hubert Gambs, stellvertretender Generaldirektor für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU in der Brüsseler EU-Behörde, der für die Europäische Kommission in den nächsten Wochen ein KMU-Entlastungspaket schnüren soll.
Des Weiteren hat der Vorstand dazu aufgefordert, dass die EU-Kommission wieder einen KMU-Beauftragten bestimmt und diesen baldmöglichst benennt. Die dort aufgegangene Lücke ist aus Sicht von kleinen und mittelständischen Betrieben nicht zu erklären. Dazu sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm: „Die Gruppe unserer kleinen und mittelständischen Betriebe in Europa ist zu groß und zu bedeutend — auch angesichts ihrer Beschäftigung — als dass man sie bei der Besetzung solcher Positionen einfach vergessen könnte. Europäische Politik darf den Blick auf diese KMU und eine ständige Überprüfung an ihren Interessen und besonderen Situationen nicht verlieren.“ Diese Forderung hat der Vorstand der Handwerkskammer Ulm auch den Europaabgeordneten Norbert Lins (CDU), René Repasi (SPD) und Michael Bloss (Bündnis 90/Die Grünen) mitgegeben.
Im Mittelpunkt des Austausches mit Lins stand zudem das neue EU-Lieferkettengesetz und deren Auswirkungen auf Handwerksbetriebe. Letztere müssen nach aktuellem Gesetzesentwurf von ihren direkten und indirekten Geschäftspartnern die Zusicherung einholen, dass die im Lieferkettengesetz vorgeschriebenen Vorgaben erfüllt werden. So müsste beispielsweise ein Malerbetrieb lückenlos dokumentieren, dass Farbe und Lack, die er bei seinen Kundinnen und Kunden verarbeitet, den Vorgaben entsprechen. In der Praxis ist das kaum zu leisten und wird weiter zu steigenden Preisen für die Verbraucher führen. Mit großer Sorge sieht die Handwerkskammer auch die Entwicklungen rund um die sogenannte Nachhaltigkeitsberichterstattung. „Letztlich droht unseren Betrieben: Wer diese Auskünfte und Bürokratie nicht betreibt, bekommt seine Finanzierung nur zu schlechteren Konditionen. Das müssen wir für unsere Betriebe verhindern“, sagt Krimmer.