„Wir Handwerker erschaffen handfeste Dinge“

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Als erste Frau in der Geschichte der Handwerkskammer Ulm ist Katja Maier am 25. September 2024 zur Präsidentin gewählt worden. Nach rund drei Monaten zieht die Zimmerermeisterin aus Westhausen-Lippach eine erste Bilanz und formuliert erste Forderungen in Richtung Politik.

Frau Maier, Sie stehen seit Ende September der Handwerkskammer Ulm als Präsidentin vor. Wie war die Zeit bisher?

„Bisher ist es sehr spannend. Das Amt ist anspruchsvoll, aber auch sehr erfüllend. Ich bin viel unterwegs, komme mit vielen Handwerkern der ganzen Region ins Gespräch und seit neuestem eben auch mit vielen Politikern. Vor dem Hintergrund der bald anstehenden Neuwahlen ist der Austausch mit den Politikern der Region sehr ergiebig und bietet mir Chancen unsere Anliegen zu platzieren. Ich durfte auch zum ersten Mal als Präsidentin den neuen Jungmeisterinnen und Jungmeistern gratulieren und die besten unter ihnen live auf der Bühne im Ulmer Congress Centrum küren. Das war auf jeden Fall einer der schönsten Momente meiner bisherigen Amtszeit.“

Sie repräsentieren als Präsidentin jetzt über 20.000 Betriebe zwischen Ostalb und Bodensee – kurzum also das gesamte regionale Handwerk. Was macht das Handwerk für Sie persönlich aus?

„Wir Handwerker erschaffen Dinge, handfeste Dinge. Mit jedem Holzhaus, das ich an meine Kunden übergebe, denke ich an die vielen Momente und die Gefühle, die in diesen vier Wänden ihr zuhause finden werden. Das macht mich einfach glücklich. Und es macht unsere Kunden glücklich. Wir Handwerker werden gebraucht und geben der Gesellschaft mit unseren Leistungen etwas zurück. Gleichzeitig ist die Arbeit aber auch erfüllend – das sehe ich immer wieder, wenn ich Praktikanten im Betrieb habe. Wie viel junge Menschen einbringen können, wenn die Arbeit Spaß macht, ist immer wieder faszinierend.“  

Was sind die größten Herausforderungen im Handwerk, die Sie als Präsidentin mit besonderem Engagement angehen möchten?

„Zu den großen Herausforderungen gehört der Fachkräftebedarf, den wir bereits haben und der sich in Zukunft noch verstärken wird. Viele Betriebe finden seit Jahren keine geeigneten Azubis. Dazu steht knapp jeder sechste Betrieb in den nächsten Jahren altersbedingt zur Übergabe bereit. Entwickelt sich das beides in dieser Geschwindigkeit weiter, führt das zu einem Mangel an Handwerksbetrieben, gerade im ländlichen Bereich. Das Resultat wäre Teuerung, Qualitätsverlust und lange Wartezeiten. Auch die zunehmende Bürokratie ist ein großes Problem. Hier muss die Politik aktiver werden und die Unmengen an Papierkram entschlacken.“

Sie haben die Bürokratielast angesprochen. Sie führen selbst einen Zimmerei-Betrieb. Wie viel Zeit entfällt auf bürokratische Tätigkeiten?

„Teils frisst das den halben Tag. Das muss man sich mal vorstellen. Ich bin Zimmerin geworden, weil ich die handwerkliche Tätigkeit liebe und nicht, weil ich es liebe, zig Unterschriften jeden Tag zu setzen und mich mit amtlichen Vorgaben zu beschäftigen. Dann hätte ich Steuerberaterin werden können. (lacht) Aber im Ernst: Natürlich brauchen wir ein gewisses Maß an Bürokratie, wir brauchen Regelungen und Vorgaben. Aber nicht in dieser Hülle und Fülle, da muss einiges weg.“

War es für Sie in jungen Jahren klar, ins Handwerk zu gehen und den Betrieb irgendwann weiterzuführen?

„Bei mir war das keineswegs von Anfang an klar. Ich habe zunächst eine Berufsausbildung zur Bauzeichnerin gemacht, hatte also schon meinen Berührungspunkt mit dem Handwerk. Dann hatte ich mit dem Gedanken gespielt, Lehramt zu studieren. Davon hat mich dann indirekt mein Vater abgebracht. Er hat mir immer wieder seine Projekte gezeigt und nur gesagt: „Das habe ich gebaut und das auch.“ Das hat mich einfach fasziniert und mich zur Zimmerei gebracht. Mittlerweile bin ich es, die meiner Tochter zeigt, an welchen Häusern ich mitgebaut habe. Das macht mich schon stolz.“