Landeskonferenz bei der Handwerkskammer Ulm rückt die Bedeutung der baden-württembergischen Gesundheitshandwerker in den Fokus – Handwerker wünschen sich mehr Anerkennung
Die fünf Gesundheitshandwerke sind Teil des Gesundheitssystems und vor Ort Ansprechpartner und Anlaufstelle für die Menschen, die eine medizinische Versorgung benötigen. Dabei werden die Bedarfe dieser Handwerksbetriebe oft nicht angemessen berücksichtigt in politischen Diskussionen, die die Verteilungsstrukturen innerhalb des Gesundheitswesens in Deutschland festlegen. Die jährliche gemeinsame Gesundheitskonferenz des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) und der Handwerkskammer Ulm verschafft den Anliegen der Handwerksbetriebe Gehör und betont den konstruktiven Austausch zwischen Politik und Handwerk. „Die Corona-Pandemie in diesem Jahr hat einmal mehr deutlich gemacht, dass die Gesundheitshandwerke zentraler Versorger und medizinischer Betreuer vor Ort sind. Wir können nicht ständig an ihnen vorbeischauen“, fasst Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer Ulm, die Stimmung in diesen Gewerken zusammen. Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker, Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher leisten einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren des Gesundheitswesens hierzulande. Vor diesem Hintergrund braucht es ein klares Bekenntnis der Politik und eine offizielle Anerkennung der Gesundheitshandwerke als systemrelevante Berufsgruppe. Das stärkt die Rolle der Gewerke und gewährleistet, dass auch in künftigen Krisenzeiten die Versicherten angemessen versorgt werden können.
An der Gesundheitskonferenz haben sich die Vertreter der Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker, Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher im Land mit dem Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel ausgetauscht. Rüddel ist Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit im Bundestag. Die Gesundheitshandwerker versorgen die Patienten vor Ort auch mit kassenärztlichen Leistungen. Dabei setzen beispielsweise die Krankenkassen als Vertragspartner ihre Marktmacht gebündelt ein, insbesondere über Preis- und Abrechnungsvorgaben. Die Politik hat hier eine regulierende Aufgabe. „Deshalb wünschen wir uns mehr Mitspracherecht und eine rechtzeitige Einbindung in die Entscheidungsprozesse, die über eine bloße Anhörung hinausgehen“, sagt Gunther Scheerer aus Leutkirch, der stellvertretende Obermeister der Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Baden-Württemberg. Krimmer ergänzt: „Perspektivisch gehören die Gesundheitshandwerke an den Entscheidungstisch des Ausschusses für Gesundheit in Berlin. Das Fehlen dort ist eine strukturierte Benachteiligung unserer Handwerksberufe.“
Gleichzeitig haben die Vertreter des Handwerks betont, dass auch in ihren Betrieben die anzuwenden Hygienemaßnahmen zu deutlich höheren Betriebsausgaben geführt haben. Dazu Jochen Birk, Obermeister der Zahntechniker-Innung Württemberg: „Wir haben viel persönliche Schutzausrüstung angeschafft. Hier wäre eine finanzielle Unterstützung für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmensstrukturen aus den Mitteln des Gesetzlichen Krankenversicherungssystems angemessen.“ Eine finanzielle Unterstützung könnte beispielsweise über anteilige Ausgleichszahlungen erfolgen – in Anlehnung an die Umsätze der vergangenen Jahre. Im Gesundheitswesen spielen auch Datenzugänge eine zentrale Rolle. Deshalb fordern die Vertreter der Gesundheitshandwerker eine gleichberechtigte Einbindung in die Telematikinfrastruktur des Gesundheitswesens. „Die einzelnen Betriebe vor Ort werden in der Erfüllung ihrer Aufgaben und Leistungen nicht in dem Maß unterstützt, wie es sich die Gesundheitshandwerke wünschen. Wir sollten als offizieller Teil des Gesundheitssystems Zugang zu den Patientendaten erhalten“, sagt Eberhard Schmidt, Vizepräsident der Bundesinnung der Hörakustiker. Freilich müsse dies datenschutzrechtlich sicher und korrekt abgebildet werden.
Die fünf Gesundheitshandwerke stellen die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung mit speziellen Medizinprodukten und Dienstleistungen in der Fläche der Regionen sicher. Sie leisten somit einen wertvollen medizinischen Beitrag in der Gesellschaft zur Gesunderhaltung und Wiederherstellung sowie zum Ausgleich von Behinderungen und Einschränkungen. Im Flächenland Baden-Württemberg gibt es über 3.500 gesundheitshandwerkliche Betriebe, im Gebiet der Handwerkskammer Ulm zwischen Ostalb und Bodensee sind knapp 600 Betriebe ein wesentlicher Baustein der Gesundheitsversorgung. Im Kammergebiet gibt es derzeit 219 Augenoptiker, 79 Hörakustiker, 54 Orthopädietechniker, 59 Orthopädieschuhmacher und 170 Zahntechniker.