Handwerkskammer Ulm und lokale Politik besuchen die Flaschnerei Stelzer in Ellwangen-Neunheim

Rund 3.800 und damit mehr als 18 Prozent der über 20.000 Handwerksbetriebe im Gebiet der Handwerkskammer Ulm stehen in den nächsten Jahren altersbedingt zur Betriebsübergabe an, da Inhaber der geburtenstarken Jahrgänge in Ruhestand gehen – und deren Betriebe brauchen dann eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Wenn Betriebsnachfolgen nicht zustande kommen, kann eine Versorgungslücke entstehen. Die 1936 gegründete Flaschnerei Stelzer mit Sitz in Ellwangen-Neunheim auf der Ostalb ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Betriebsnachfolge. Stelzer-Mitarbeiter Florian Geier übernahm 2022 von der Gründerfamilie Stelzer den Betrieb – und das 17 Jahre nachdem er bei der Flaschnerei seine Ausbildung begonnen hatte. So konnten 16 Arbeitsplätze erhalten und für die Region die Versorgung weiter sichergestellt werden.
Bei einem Betriebsbesuch tauschten sich kürzlich Betriebsinhaber Florian Geier, der Landtagsabgeordnete Winfried Mack, Kreisrätin Heike Brucker und Katja Maier, Präsidentin der Handwerkskammer Ulm, über die Lage im Handwerk und aktuelle Herausforderungen aus. Zahlreiche Themen konnten anhand von Praxisbeispielen diskutiert werden, was für die Politik für die Erstellung der Wahlprogramme vor der Landtagswahl 2026 wichtig ist. Geier wies darauf hin, dass es seitens der Politik bei Betriebsübernahmen im Vergleich zu Neugründungen bisher keine finanzielle Förderung gebe. Das sei ein Schiefstand, den es dringend zu beseitigen gelte. Betriebsübernahmen würden vom Nachwuchs eher angegangen, wenn ähnliche Förderprogramme wie bei Neugründungen bestehen würden.
Ein weiteres Thema war die sich zuspitzende Fachkräftelage, die auch die Flaschnerei betrifft. Der gutgehende Betrieb tut sich schwer, ausreichend Auszubildende zu gewinnen. Als größte Herausforderung bezeichnet Geier die Nachwuchsgewinnung: „Flaschner googelt eben keiner einfach so.“ Mit Ausbildungsmessen, Schulpraktika und attraktiven Angeboten wirbt der Betrieb aktiv um junge Menschen. Maier adressiert an die Politik, dass die Einführung eines verpflichtenden Praktikumstages für Schüler leider immer noch nicht umgesetzt sei, obwohl das Handwerk viele attraktive Karrierewege mit guten Verdienstmöglichkeiten bieten könne. Zwar stiegen die Ausbildungszahlen landesweit, im Ostalbkreis stagniere sie jedoch. Winfried Mack unterstrich, dass die CDU sich für die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung stark mache: „Wir wollen die Meisterprämie erhöhen, die Berufsorientierung an Schulen – auch an Gymnasien – verbessern und das Azubi-Wohnen an Berufsschulstandorten fördern.“ Geier weiß aus seinem Betrieb, dass auch junge Menschen mit fertigem Studium den Weg ins Handwerk finden und dort sehr zufrieden sind. Er wünscht sich von der Politik mehr Werbung für das Handwerk in allen Bildungseinrichtungen. Nur mit eigener Kraft könnten Betriebe die Suche nach Nachwuchs nicht stemmen. Kreisrätin Heike Brucker, selbst Tochter eines Handwerksmeisters, hob hervor, dass die Berufsschulen für den Kreis eine sehr große Bedeutung hätten: Der Kreis investiere auch in schwierigen Zeiten in die Zukunft der beruflichen Bildung und fördere zahlreiche innovative Kooperationen und Zukunftsthemen an den drei Berufsschulstandorten.
Maier und Geier adressierten, dass unnötige bürokratische Berichts-, Dokumentations-, und Informationspflichten sowie digitale Schwachstellen bei Ämtern zügig beseitigt werden müssen. Der Aufwand für administrative Tätigkeiten würde inzwischen einen Großteil eines Arbeitstages auffressen. Geier sprach sich zudem gegen kurzfristige Förderprogramme aus: die Auflagen seien häufig zu hoch und zudem sehr zeitaufwendig für mittelständische Betriebe und Unternehmen. Hätte man alles ausgefüllt, passiere es zudem oft, dass die kurz gesetzten Fristen verstrichen seien. Mack pflichtete ihm in diesem Punkt bei: Er setze sich für stabile Unterstützung ein und wolle schnelllebige Programme gerne beendet sehen.
Hintergrundinformationen zur Flaschnerei Stelzer:
Der Betrieb wurde 1936 von Josef Stelzer gegründet. In zweiter Generation folgte Sohn Wolfgang Stelzer, der die Firma vergrößerte und 1989 in das Industriegebiet Ellwangen-Neunheim umsiedelte. Zwischen 1999 übernahm Sohn Peter Stelzer die Geschäftsführung bis Florian Geier den Betrieb 2022 übernahm. Florian Geier und seine Ehefrau Christina Geier absolvierten bei der Handwerkskammer Ulm die nebenberufliche Ausbildung zum Geprüften Betriebswirt (HwO). Der Betrieb investiert beständig in Modernisierung und Digitalisierung. Die Leistungen des Handwerksbetriebs umfassen Dacharbeiten wie Metall- und Solardächer, Metallprodukte für die Industrie und Privathaushalte bis hin zu Arbeiten für denkmalgeschützte Objekte und Gebäude.