Ein Handwerk mit vollem Durchblick

Beim Betriebsbesuch im Kontaktlinseninstitut Life Lens in Heidenheim ist die Anerkennung der Arbeit von Gesundheitshandwerken zentrales Thema

Die Augenoptikermeisterin Heike Bader bietet ihren Kunden durch moderne Technik individuell angepasste Kontaktlinsen. Für ihre Arbeit wünscht sie sich mehr Beachtung und weniger bürokratische Hürden. Wie spannend ihr Handwerk ist, hat sich beim Betriebsbesuch beim Kontaktlinseninstitut Life Lens in Heidenheim gezeigt. Regelmäßig sind der Präsident der Handwerkskammer Ulm, Joachim Krimmer, und Hauptgeschäftsführer Dr. Tobias Mehlich zusammen mit Vertretern der regionalen Politik zu Gast bei einem der rund 19.500 Handwerksbetriebe von der Ostalb bis zum Bodensee. So haben Joachim Krimmer, Katja Maier, Vizepräsidentin der Handwerkskammer, und Heinz Früholz, Mitglied der Vollversammlung und Obermeister der Bäckerinnung Heidenheim, dem Heidenheimer Betrieb einen Besuch abgestattet. „Es ist wichtig, dass wir die einzelnen Berufe kennenlernen und um ihre Herausforderungen wissen“, betont Krimmer. Ebenfalls vor Ort ein Bild gemacht haben sich Grünen-Landtagsabgeordneter Martin Grath und Grünen-Bundestagsabgeordnete Margit Stumpp.

Mit einer 3D-Analyse die Hornhaut ausmessen

Seit rund 17 Jahren arbeitet Heike Bader mit den formstabilen, kreisrunden Kunstoffplättchen, die nur einige Millimeter groß sind und bei vielen Menschen auf dem Auge sitzen. Die Optikermeisterin ist zufrieden: „Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen. Mit meiner Arbeit habe ich mich komplett auf die Individualität des Menschen und die seines Auges spezialisiert, auf die es bei diesem Produkt ankommt.“ Trotz ihrer Begeisterung muss Bader für die Bekanntheit ihrer Spezialisierung kämpfen. Sie wünscht sich vor allem eine stärkere Zusammenarbeit mit niedergelassenen Augenärzten und Optikern. „Die Kontaktlinse wird oft stiefkindlich behandelt“, erklärt sie. Gerade Standard-Kontaktlinsen passen jedoch nicht jedem Kunden und können teilweise Schäden am Auge verursachen, weiß die Optikermeisterin. Anders bei einer individuell angefertigten Maß-Linse: Mithilfe einer 3D-Analyse der Hornhaut kann Bader die genaue Form und Oberflächenbeschaffenheit der Hornhaut eines Kunden erkennen. Eine Dienstleistung, die beeindruckt. Krimmer sagt: „Das Handwerk ist vielseitig und ein wichtiger Innovationstreiber für die Zukunft. Es ist schade, dass dieser Umstand in der Öffentlichkeit oft nicht erkannt wird.“ Dass es speziell für Kontaktlinsen ein Institut gibt, überrascht auch den handwerkspolitischen Sprecher Grath. Erst durch die Corona-Pandemie, vermutet er, sei vielen Menschen überhaupt die Bedeutung des Handwerks ¬– insbesondere im Gesundheitsbereich – bewusst geworden.

Was hinter der Nachtlinse steckt

Corona hat auch den Arbeitsalltag von Bader anfangs beeinflusst. Viele ihrer Termine sind abgesagt worden: „Ich hatte den Eindruck, dass die Kunden Angst vor einer Ansteckung haben und sich finanziell nicht übernehmen wollen.“ Inzwischen hat die Kontaktlinsen-Spezialistin so viel Arbeit wie noch nie zuvor seit der Gründung 2013. Ihre Begeisterung für die Sparte der Kontaktlinsen hat Bader schon während ihrer Ausbildung zur Augenoptikerin entdeckt und sich immer weiter fortgebildet. So hat sie vor zehn Jahren auch die Nachtlinse kennengelernt. Mithilfe dieser speziellen formstabilen Linse wird die Kurzsichtigkeit über Nacht korrigiert. „Die Kontaktlinse sorgt dafür, dass die Zellen auf der oberen Hornhautschicht weggedrückt werden und so im Schlaf die Sehleistung korrigiert wird und anschließend den ganzen Tag anhält“, erklärt Bader. Ähnlich wie bei einem Haargummi, der am Handgelenk für einige Zeit einen Abdruck hinterlässt.

Die rund 700 Kunden, die inzwischen weit über den Landkreis Heidenheim hinaus – aus Dillingen, Donauwörth, Aalen, Ulm, Reutlingen und sogar der Schweiz – zu ihr kommen, betreut Bader allein. Gut 40 Prozent ihrer Arbeitszeit muss die selbstständige Kontaktlinsen-Spezialistin allerdings für administrative Aufgaben aufwenden. Gerade die Absprache und Abrechnung mit der Krankenkasse bremsen sie aus. Auch beim Thema Datenschutz sieht Bader Verbesserungsbedarf. Die Digitalisierung hat viele Abläufe im Arbeitsalltag der Optikermeisterin vereinfacht. Eine Video-Sprechstunde mit ihren Kunden kann sie sich aber dennoch nicht vorstellen. „Jeder Mensch und jedes Auge ist einzigartig, deshalb ist der direkte Kontakt besonders wichtig“, sagt sie.

Foto: Handwerkskammer Ulm