Selbstständigkeit ist beliebt. Vor allem bei jungen Menschen. Laut einer Erhebung der Bertelsmann-Stiftung kann sich fast jeder zweite junge Mensch in Deutschland den Weg in die Eigenständigkeit vorstellen. Am Ende landet aber nur jeder Sechste tatsächlich dort. Ein Problem, das auch vor dem Handwerk keinen Halt macht. Und das trotz optimaler Bedingungen: Denn Handwerkerinnen und Handwerker werden überall gebraucht. Und sie werden auch in Zukunft gebraucht werden. Regionalität ist ein hohes Gut. Die Menschen schätzen Produkte und Dienstleistungen in direkter Nähe. Unsere Betriebe stellen tagtäglich die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in der Region sicher.
Für Betriebsgründer oder -übernehmer stehen die Chancen derzeit so gut wie lange nicht, sich einen passenden Betrieb auszusuchen. Da frage ich mich: Wieso zögern junge Leute trotzdem beim Thema Selbstständigkeit? Gerade auf dem Land merken wir, dass Betriebsnachfolger immer schwieriger zu finden sind. Wenn der Metzger oder Bäcker im Dorf schließt, wirkt sich das umgehend auf die Bewohner vor Ort aus. Dabei geht auch viel Lebensqualität verloren. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Wir müssen dagegen angehen. Gründen muss attraktiver werden, es braucht mehr Anreize. Dazu müssen etwa die bürokratischen Hürden gesenkt werden. Denn die überbordende Bürokratie verdirbt uns Handwerkern die Freude am Unternehmertum. Zudem müssen wir den Jugendlichen bereits an den Schulen die Karrierechancen im Handwerk aufzeigen. Ich bin sicher, dass wir dann wieder mehr junge Menschen für unser Handwerk und eine Betriebsgründung oder -übernahme begeistern können. Die Azubis von heute sind bekanntlich die Fachkräfte von morgen. Und die werden wir in Zukunft nicht nur zur Umsetzung der Energiewende dringend brauchen.
Günter Gebauer, Elektroinstallateurmeister aus Heiligenberg und Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Ulm
Dieser Kommentar ist erschienen in der DHZ-Ausgabe 18-2024.