„Augen auf bei der Berufswahl“, heißt es doch so schön. Wenn ich mir dann aber anschaue, dass gerade in Gymnasien weiter das Studium als das Maß aller Dinge bezeichnet wird, habe ich das Gefühl, ein Auge bleibt blind. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Wir brauchen Ärztinnen, wir brauchen Lehrer und wir brauchen Richter. Wir brauchen aber auch Klempner, Schreinerinnen und Bäcker. Wieso sollten Abiturientinnen und Abiturienten keinen Handwerksberuf erlernen? Weil sie damit schlechtere Aussichten auf beruflichen und finanziellen Erfolg haben? Die Realität zeichnet ein anderes Bild. Wer ein Handwerk erlernt, in diesem seine Passion findet und einen Betrieb gründet, dem stehen alle Türen offen. Denn eines sag ich Ihnen: Auch der Arzt braucht ein Bad, auch die Lehrerin eine Heizung und auch der Richter ein Dach über dem Kopf – das alles geht nur mit Handwerkern. Umso wichtiger ist es also, Schülerinnen und Schülern diesen Weg zu zeigen. Die kürzlich stattgefunden Praktikumswochen etwa bieten genau das. Hier können junge Menschen sich ausprobieren und mit verschiedensten Baustoffen in Berührung kommen. Wenn Gymnasien weiter in diese Richtung hin aufklären und das Handwerk als ernstzunehmende Karrierechance bewerben, tauschen in Zukunft immer mehr Abiturienten das Sachbuch in der Unibibliothek gegen die Feile in der Werkstatt ein. Da bin ich mir sicher.
Michael Bucher, Vizepräsident und Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Ulm aus dem Landkreis Ravensburg.