Interview mit Bäckereifachverkäuferin Nina Bold Handwerk ist mehr als nur Beruf

Nina Bold aus Biberach hat ihre Ausbildung zur Lebensmittelfachverkäuferin nie bereut. Als regionales Gesicht unserer Imagekampagne möchte sie junge Leute für eine Karriere im Handwerk begeistern

Foto: Handwerkskammer Ulm

Wie würdest Du dich mit drei Worten beschreiben?

Weltoffen, lustig, gutherzig.

Wenn Du ein Gebäck aus eurer Backstube wärst, welches wäre das?

Ich denke, dass ich eine der Torte mit vielen Schichten und bunten Zutaten bin. Ein richtiges Geschmackserlebnis!

Warum wolltest Du regionales Gesicht unserer Imagekampagne werden? 

Ich denke, ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass man mit Abi und einer handwerklichen Berufsausbildung erfolgreich sein kann. Während viele meiner Schulfreunde noch mit ihrem Studium beschäftigt waren, stand ich schon mitten im Berufsleben. Ich habe mein eigenes Geld verdient und konnte mir schon mein erstes Auto, ein Motorrad und viele schöne Reisen leisten. In den Medien hört man oft, wie schlecht es dem Handwerk geht, weil der Nachwuchs fehlt. Hier stimmt was nicht. Handwerk macht Spaß und die Karrierechancen sind gut. Ich hoffe, dass ich vielen Jugendlichen Mut machen kann, etwas nachzugehen, was sie vielleicht schon in ihrer Kindheit gerne gemacht haben. Egal ob Basteln, schrauben oder malen, ihr müsst niemandem etwas beweisen, nur euch selbst!

Lebensmittelfachverkäuferin — hast Du Dich für dieses Handwerk von Anfang an begeistert?

Ehrlich gesagt nicht! Ich habe mit 14 Jahren im Sonntagsverkauf in der Bäckerei meiner Eltern mein Taschengeld ein bisschen aufgebessert. Damals war ich noch sehr schüchtern und unsicher. Erst mit zunehmendem Selbstbewusstsein hat mir das Verkaufen Spaß gemacht. Ich habe das ganze Wissen rund ums Bäckerhandwerk und die Verkaufspsychologie regelrecht aufgesogen und wollte immer noch mehr wissen. Das Gelernte habe ich gleich bei der nächsten Gelegenheit umgesetzt. Dabei habe ich dann gespürt, wie sehr mir das gefällt.

Was gefällt Dir jeden Tag aufs Neue an Deinem Beruf?

Für mich ist das Zwischenmenschliche und die Dankbarkeit der Kunden einfach besonders. Ich stehe nicht nur hinter der Theke, sondern habe immer ein offenes Ohr für meine Kunden. Ich sorge dafür, dass sie mit einem Lächeln aus dem Geschäft gehen und sich wohl fühlen. Ich umsorge diejenigen, die Hilfe beim Einpacken oder beim Treppensteigen benötigen. Mit der Zeit baut man eine Bindung zu den Menschen auf, das ist wirklich schön. Wenn ich ein „Danke“ höre oder eine Bestätigung für das was ich tue bekomme, fühlt sich das toll an. Nicht zu vergessen das Arbeiten mit frischen Backwaren, großartigen Kuchen, leckerem Kaffee und ganz viel Kreativität, wenn ich beispielsweise neue Snacks kreiere. Das sind alles Dinge, die mir unglaublich Spaß machen.

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Stört Dich das frühe Aufstehen gar nicht?

Auch wenn es keiner glauben mag – nein. Meine innere Uhr ist mittlerweile schon darauf eingestellt, sodass ich sogar im Urlaub früh aufstehe, um etwas von meinem Tag zu haben. Das ist der Vorteil im Bäckerhandwerk: Ich mache Feierabend, während viele noch Stunden im Büro sitzen. Ich habe morgens auch direkt gute Laune und freue mich auf einen neuen Tag voller Erlebnisse.

Mit einem Lächeln im Gesicht arbeitet es sich gleich viel besser. Gelingt Dir das auch, wenn Kunden einmal unfreundlich sind?

Nur weil jemand nicht so freundlich ist, wie wir es gerne hätten, heißt es nicht, dass wir unfreundlich sein dürfen. Ich finde die richtige Einstellung dazu sehr wichtig. Man darf nie vergessen, dass eine Verkäuferin kein Recht hat, über Kunden zu urteilen. Man weiß schließlich nicht, was das Gegenüber gerade durchmacht. Oder warum der Kunde eben so ist, wie er ist. Meinen Azubis rate ich immer dazu in eine „Verkäufer-Persönlichkeit“ zu schlüpfen, sobald sie den Laden betreten. Ich erlebe es im Alltag aber tatsächlich sehr selten, dass jemand unfreundlich ist.

Hast Du auch mal gezweifelt, ob eine Ausbildung überhaupt das richtige für Dich ist?

Nach meinem Abi hatte ich den Drang unbedingt zu studieren, weil das eben alle so machen. Aber ich hatte eher Zweifel, ob ein Studium zu mir passt. Da kam das Angebot der Ausbildung gerade richtig. Ich habe mich gleich von Anfang an erkundigt, welche Weiterbildungsmöglichkeiten es für Fachverkäuferinnen im Bäckerhandwerk gibt. Ich konnte meine Ausbildung in nur eineinhalb Jahren machen und wurde anschließend auf Kammerebene Sieger beim Wettbewerb „Profis leisten was“. Schon zu Beginn meiner Ausbildung habe ich von einer eigenen Filiale geträumt. Mit meiner Fortbildung zur Verkaufsleiterin konnte ich mir diesen Wunsch erfüllen. Auch die Ausbildereignerprüfung war mir wichtig, damit ich meine Begeisterung weitergeben kann.

Was rätst Du Jugendlichen, die sich unsicher sind, ob sie nicht lieber doch studieren wollen?

Ich sage immer: Hör auf dein Bauchgefühl. Und hör nicht auf die Anderen. Das klingt banal, aber es ist wirklich so. Du musst Dein ganzes Leben mit Arbeiten verbringen und Du musst damit zufrieden sein, sonst Niemand. Man verbringt unheimlich viel Zeit im Beruf – man sollte also Spaß dran haben.

Was macht für Dich das Handwerk besonders?

Ich finde es sehr bewundernswert, wenn jemand ein Handwerk erlernen möchte. Man unterschätzt die Vielfalt der einzelnen Berufe. Auch wenn wir Handwerker viel mit den Händen arbeiten, braucht wir Köpfchen. Ich persönlich finde es fast schon „out“ zu studieren.