Interview mit Joachim Krimmer und Dr. Tobias Mehlich Handwerk sichert Zukunft

Handwerkskammer-Präsident Joachim Krimmer und Hauptgeschäftsführer Dr. Tobias Mehlich sprechen im Interview über die Herausforderungen des Handwerks in der Zukunft.

Foto: Handwerkskammer Ulm

Was müssen junge Menschen mitbringen, um eine Karriere im Handwerk zu starten?

Joachim Krimmer: Ausschlaggebend ist für unsere Ausbildungsbetriebebei der Auswahl ihrer Azubis vor allem der persönliche Eindruck, den die Jugendlichen hinterlassen. Schulnoten sind meist weniger wichtig als die Bereitschaft, mitanzupacken. Fürs regionale Handwerk kommt es weniger darauf an, von welcher Schulart ein Bewerber kommt, sondern vielmehr, wo er hinwill. 

Dr. Tobias Mehlich: Wir schaffen es, immer mehr Jugendliche mit Abitur oder Mittlerer Reife für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Wir brauchen im Handwerk auch die Besten, um unsere anspruchsvollen Aufgaben erfüllen und die Kundenwünsche bedienen zu können. Aber gleichzeitig geben wir auch jedem anderen Schulabgänger eine Chance, der motiviert im Handwerk arbeiten und lernen will. Selbst wenn er oder sie keinen Schulabschluss hat. Der Wille und die Motivation sind entscheidend. 

Krimmer: Es ist an der Zeit, dass die Politik die Förderung der beruflichen Ausbildung weiter ausbaut. Warum wundern sich Kundinnen und Kunden beispielsweise über lange Wartezeiten, wenn Jugendliche ihre Ausbildung zur qualifizierten Fachkraft selbst bezahlen müssen? Ein Meisterstudium kostet durchschnittlich rund 10.000 Euro. Und zusätzlich zu dieser finanziellen Belastung werden Meisterstudierende in vielen Bereichen noch immer ungleich behandelt.

Mehlich: Ein Lösungsansatz, um dem Fachkräftebedarf entgegenzutreten, könnte ein neues Zuwanderungsgesetz sein.Unser Zuwanderungsrecht müsste sich angesichts der vielen qualifizierten Fachkräfte, die fehlen, aber grundlegend ändern. Es geht dann nicht mehr darum Zuzug zu verhindern und abzuwehren, sondern um neue Kräfte zu werben und sie willkommen zu heißen. Zudem müssen die Zulassungsverfahren deutlich beschleunigt werden.

Handwerkerinnen und Handwerker sind die Umsetzer der Energie- und Klimawende. Wie realistisch sind die Ziele der Bundesregierung?

Krimmer: Wir Handwerker wollen bei der Energiewende mitschaffen, doch wir haben keine Zauberkräfte. Unsere Handwerksbetriebe brauchen realistische Vorgaben seitens der Politik. Sanierungskonzepte dürfen außerdem nicht zu ambitioniert sein oder für Bauherren und Handwerksbetriebe zu viel bürokratischen Aufwand mit sich bringen.

Mehlich: Um die Energiewende voranzutreiben, sollten die Vorgaben der Politik verlässlich sein. Sie dürfen sich nicht ständig ändern, wie es wiederholt bei den Förderrichtlinien passiert. Die Handwerksbetriebe brauchen verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Politik – die Realität sieht derzeit leider oft anders aus.