Herausforderung Nachfolge – welchen Einfluss die weichen Faktoren haben

Die Nachfolge richtig planen

In einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Handwerksinstituts aus dem Jahre 2021 denken ca. 20% aller Handwerksbetriebe in Deutschland, über eine Nachfolge nach. Gleichzeitig schätzen nur knapp die Hälfte dieser Betriebe eine zukünftige Übergabe als erfolgreich ein (Deutsches Handwerksinstitut, „Unternehmensübergaben im Handwerk bis 2030 – Abschätzung und Einordnung“, 2021).

Diese Zahlen lassen aufhorchen. Schließlich ist eine Betriebsnachfolge in allen Bereichen der Nachhaltigkeit sinnvoll. Arbeitsplätze bleiben erhalten, bestehende Netzwerke sichern die wirtschaftliche Nachhaltigkeit und die Weiterverwendung des Maschinen- und Fuhrparks schonen die Umwelt. Woran liegt es also, dass so viele Betriebsinhabende glauben, ihren Betrieb nicht erfolgreich übergeben zu können?

Sicherlich spielt die Zahl der Übernehmenden in diese Überlegung mit rein, welche seit Jahren sehr viel geringer ist, als die der Übergebenden. Aber selbst wenn ein potentieller Nachfolgender gefunden ist, heißt das noch nicht, dass das Vorhaben am Ende von Erfolg gekrönt ist.

Der Wechsel von einer Führungsgeneration auf die nächste ist für ein Unternehmen ein fundamentaler Schritt, welcher oft über den Fortbestand des Betriebes entscheidet. Die Betriebsübergabe ist deshalb nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu betrachten, sondern vor allem auch aus emotionaler Sicht, bei der personelle und organisationale Strukturen eine wichtige Rolle spielen. Ein solcher Wechsel geht oft mit Veränderungen in sämtlichen Organisationsstrukturen einher, von deren Auswirkungen nicht nur die Mitarbeitenden, sondern vor allem auch das Übergebender-Übernehmender-Paar betroffen sind.

Entscheidend für eine erfolgreiche Übergabe sind jedoch häufig die weichen Faktoren, über die man zunächst überhaupt nicht nachdenkt:

  • Wer hat welche Rolle im Betrieb inne, wann beginnt der Wechsel der Chef-Rolle, wie lange dauert dieser Wechsel und was kommt danach?
  • Wie müssen Übergebender und Übernehmender miteinander kommunizieren und wie wird dieses Thema bezüglich der Mitarbeitenden gehandhabt?
  • Wie wird mit aufkommenden Konflikten umgegangen?

Denn eines ist sicher: In der Übergabephase sind Konflikte oft schon vorprogrammiert. Beispiele sind:

  • Übergebender und Übernehmender haben unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen, wie der Betrieb weitergeführt werden soll.
  • Der Übergebende schafft es nicht den Betrieb emotional loszulassen. Dies ist auch nicht verwunderlich, führt man sich vor Augen, dass es sich hierbei häufig um eine Art Lebenswerk handelt, in das weitaus mehr als nur Geldinvestitionen und Zeit geflossen sind. Darf der Übergebende dann irgendwann bloß noch vom Seitenrand zuschauen und selbst keine Entscheidungen mehr fällen, kommt es häufig zu Auseinandersetzungen.
  • Wissensweitergabe: der Übergebende möchte vielleicht ein stückweit „unersetzbar“ sein und hält wichtiges Wissen bewusst zurück, um weiterhin mitmischen zu können – gerade bei familieninternen Übergaben stellt dies ein häufiges Problem dar.
  • Unsicherheit auf Seiten der Übergebenden / Übernehmenden färbt sich auf die Mitarbeitenden ab, die auf Grund mangelnder Kommunikation häufig keinen Fahrplan haben und der Ungewissheit ausgeliefert sind.
  • Übernehmende sind mit ihren neuen Aufgaben überfordert, weil sie zu wenig darauf vorbereitet wurden oder ihnen wichtige Kenntnisse und Kompetenzen fehlen.

Was hilft, um diese Konflikte anzugehen bzw. zu vermeiden?

Im Folgenden werden die beiden Themenfelder „Rollenverständnis“ und „Kommunikation aufgegriffen und konkrete Tipps für eine gezielte Vorbereitung gegeben, um mögliche Konflikte von vornherein aus dem Weg zu räumen.

Rollenverständnis

Das Rollenverständnis der einzelnen Akteure ist ein zentraler Aspekt. Häufig wird genau dieser allerdings nicht offen angesprochen. Nachfolgend finden Sie einige Fragen, welche Sie sich selbst stellen können, um sich darauf vorzubereiten:

Übergebende:

  • Was möchte ich in der Zukunft sein, wenn ich die Chefrolle abgegeben habe?
  • Welche Aufgaben und Rollen nehme ich ein, wenn ich weiterhin im Unternehmen tätig bleibe?
  • Wie kommuniziere ich meine Rolle?
  • Wie übergebe ich meine Aufgaben an den Übernehmer?

Übernehmende:

  • Wie schnell traue ich mir die Rolle des Chefs zu?
  • Wie will ich als Chef agieren? Wie will ich führen?
  • Was brauche ich, um diese Rolle nach meinen Vorstellungen ausfüllen zu können?
  • Was würde mich daran hindern, die Rolle so zu übernehmen, wie ich es mir vorstelle?

Kommunikation

Da sich durch die Übergabe eines Betriebes nicht nur die Führungskraft ändert, sondern unter Umständen auch die Strukturen, die Prozesse, die Kultur oder sogar das Geschäftsmodell des Unternehmens, ist es wichtig die Mitarbeitenden frühzeitig über die geplante Übergabe und die damit verbundenen Veränderungen zu informieren. Im besten Fall werden diese sogar in die Überlegungen mit einbezogen, um die Betroffenen so zu Beteiligten zu machen. Sollte der Übernehmende im Betrieb noch nicht bekannt sein, ist es ebenso wichtig die Mitarbeitenden frühzeitig mit diesem vertraut zu machen.

In der Regel löst eine solche Nachricht Zukunftsängste in den Betroffenen aus, denen so bestmöglich entgegengekommen werden kann. Zentral ist auch, dass die Mitarbeitenden regelmäßig über die Entwicklungen auf dem neusten Stand gehalten werden. Überlegen Sie, welche Kanäle Sie nutzen können, um dies zu bewerkstelligen.

In unserem Web-Seminar am 12.09.2023 von 10 bis 11 Uhr erhalten Sie weitere Einblicke in die emotionalen Herausforderungen im Übergabeprozess und Tipps und Kniffe, um mit diesen umzugehen.

Das Zentrum für Betriebsnachfolge der Handwerkskammer Ulm berät zudem Übergeber und Übernehmer einer Betriebsübergabe neutral und kostenlos. Weitere Informationen dazu finden Sie hier oder durch Direktkontakt mit Herrn Benjamin Hauber, Telefon 0731 1425-6375, E-Mail b.hauber@hwk-ulm.de.



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