Industriestrompreis: Handwerkskammer Ulm warnt vor Wettbewerbsverzerrungen

Geplante Subventionen für Industrieunternehmen benachteiligen erneut regionale Handwerksbetriebe – Politik darf Wettbewerbsfähigkeit des lokalen Handwerks nicht schwächen

Zwei Metallbauer heben eine große Metallplatte.
Foto: amh-online.de

Die Handwerkskammer Ulm kritisiert die angekündigten Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zu einem Industriestrompreis. Vom sogenannten „Brückenstrom“ sollen energieintensive Industrieunternehmen profitieren, die im internationalen Wettbewerb stehen. Statt die Wettbewerbsfähigkeit aller energieintensiven Unternehmen und Betriebe zu stärken, sollen nun einige wenige subventioniert werden. „Es ist verteilungspolitisch ungerecht, dass ein solcher Preis nur für ausgewählte Unternehmen gelten soll – und es passiert nun leider zum wiederholten Mal, dass unsere Handwerksbetriebe ignoriert oder vergessen werden. Schon im vergangenen Jahr hat der Wirtschaftsminister Energiehilfen zunächst nur für Industrieunternehmen auf den Weg gebracht. Das ist und bleibt ungerecht“, sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.

Ein weiteres vom Handwerk kritisiertes Beispiel war die EEG-Umlage. Auch diese hatte einen Großteil der kleinen und mittleren Betriebe jahrelang mit einem immensen Kostenaufwand belastet, während Großunternehmen oft davon befreit waren.

Die Handwerkskammer warnt davor, dass die Bevorzugung der Industrie nur auf Kosten anderer Stromverbraucher und Steuerzahler umsetzbar sein würde, zum Beispiel von Privathaushalten oder des Handwerks. Die Wettbewerbsfähigkeit der international tätigen Industrie zu stärken, würde eine Schwächung der hiesigen Betriebe bedeuten. Nach den Ministeriumsplänen sollen Industrieunternehmen bei Börsenstrompreisen über sechs Cent pro Kilowattstunde die Differenz erstattet bekommen. Hilfreicher wäre aus Sicht des Handwerks ein Strommarktdesign aus einem Guss und für alle, damit Energiepreise wieder sinken. Hierzu gehöre auch eine Reform der Strom- und Energiesteuern. Nur international tätige Industrieunternehmen zu privilegieren, benachteilige laut Kammer die regional operierenden Firmen. Zu diesen gehören gerade auch viele energieintensive Handwerksbetriebe, wie Bäckereien, Metzgereien, Mühlen, Textilreiniger und Kfz-Werkstätten. Zwischen Ostalb und Bodensee sind das mehr als 2.000 der insgesamt gut 20.000 Betriebe im Kammergebiet. „Wir reden in jedem zweiten Satz von regionaler Nachhaltigkeit und bekämpfen sie gleichzeitig mit derartigen systemfraglichen Ideen der Staatslenkung von Preisen“, so Mehlich.

In vielen regionalen Handwerksbetrieben sind die Energiekosten seit Jahresbeginn noch einmal deutlich angestiegen. Während die Betriebe im vergangenen Jahr oftmals noch über Bestandsverträge mit niedrigen Bezugspreisen für Strom und Erdgas verfügten, müssen viele von ihnen seit Januar deutlich höhere Kosten tragen. Von überdurchschnittlich hohen Kostenanstiegen sind dabei insbesondere die energieintensiven Lebensmittel- und Kfz-Handwerke betroffen. Rund zwei von drei Betrieben leiden nach Umfragen der Handwerkskammern unter den Preiserhöhungen ihrer Versorger. Die Mehrkosten können Betriebe aber nicht immer eins zu eins an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Das hat Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit und den Gewinn.

Anzahl ausgewählter energieintensiver Gewerke nach Landkreisen:

Alb-Donau-Kreis: 33 Bäcker / 12 Konditoren / 64 Metzger / 9 Textilreiniger

Landkreis Biberach: 42 Bäcker / 8 Konditoren / 50 Metzger / 10 Textilreiniger

Bodenseekreis: 37 Bäcker / 14 Konditoren / 41 Metzger / 13 Textilreiniger

Landkreis Heidenheim: 24 Bäcker / 6 Konditoren / 44 Metzger / 2 Textilreiniger

Ostalbkreis: 65 Bäcker / 15 Konditoren / 120 Metzger / 8 Textilreiniger

Landkreis Ravensburg: 52 Bäcker /17 Konditoren / 67 Metzger / 13 Textilreiniger

Stadtgebiet Ulm: 20 Bäcker / 6 Konditoren / 19 Metzger / 7 Textilreiniger