100-Prozent-Haftungsgarantie hilft Handwerksbetrieben

25 Mio. Euro Soforthilfe in der Region zur Auszahlung empfohlen; Handwerksbetriebe setzen sich mit Personalausfällen und gestörten Lieferketten auseinander

 Seit Start des Soforthilfeprogramms des Landes Baden-Württemberg hat die Handwerkskammer Ulm nun 25 Millionen Euro an Fördersummen für die Handwerksbetriebe in den Landkreisen der Region bearbeitet und zur Auszahlung empfohlen. Knapp 5.000 Anträge der insgesamt 19.500 Handwerksbetriebe zwischen Ostalb und Bodensee wurden inzwischen von Soloselbständigen und mittelständischen Betrieben bis 50 Erwerbstätige gestellt. 3.883 Anträge sind davon bereits durch die Handwerkskammer Ulm vorbereitet, geprüft und ggf. zur Auszahlung an die L-Bank empfohlen bzw. abgelehnt worden. Manche von ihnen befinden sich noch in Abstimmung und Nachbearbeitung mit den Antragsstellern. 2.362 davon sind bereits der L-Bank zur Zahlung empfohlen worden. Darunter besonders Friseure, Kosmetiker, Kraftfahrzeugtechnikbetriebe, Elektrotechniker und Gebäudereiniger. Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm: „Wir arbeiten mittlerweile im E+4-Modus: Geht ein Antrag an einem Tag ein, so benötigen wir im Schnitt vier Tage, um ihn zu prüfen und zur Auszahlung zu empfehlen oder auch abzulehnen. Die Gelder müssen jetzt rasch auf das Konto der vielen Antragsteller in Not fließen“, so Mehlich. Die Handwerkskammer Ulm hat mittlerweile Informationen der ersten Antragsteller, wonach auch die L-Bank bereits Auszahlungen genehmigter Anträge vorgenommen hat. Die Handwerkskammer Ulm hatte innerhalb von Tagen ihre komplette Organisation und IT umgebaut, mittlerweile arbeiten rund 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Montag bis Samstag 7 bis 19.30 Uhr allein in diesem Bereich Corona-Soforthilfe, damit die Hilfen schnell und unbürokratisch gegenüber Handwerksbetrieben erklärt, beraten und dann ggf. auch genehmigt werden können.  

Nunmehr hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen die hundertprozentige Haftungsfreistellung der Hausbank bei Krediten für Betriebe beschlossen. Durch die nun bestehende hundertprozentige Staatsgarantie können die so dringend benötigten Liquiditätsmittel ohne aufwändige Kredit- und Risikoprüfung seitens der Hausbanken ausgereicht werden. Das verschlankt den Beantragungsweg und erhöht die Geschwindigkeit, mit der die nötigen Mittel an die Betriebe weitergeleitet werden. Handwerksbetriebe hatten gegenüber der Handwerkskammer angemahnt, dass einige Banken den bislang erforderlichen selbst zu besichernden Teil massiv überzogen hätten im Hinblick auf Sicherheiten und auf Zinskonditionen. „Mit einer solchen hundertprozentigen Staatsgarantie brauchen die Banken jetzt nicht mehr die Restbeträge mit hohen Zinsen belegen oder Sicherheiten zu hoch zu drehen. Deswegen können diese Kredite jetzt auch tatsächlich an Betriebe fließen, vorher waren sie für unsere Betriebe oft nur Theorie“, sagt Mehlich. „Das nun vorgesehene befristete KfW-Programm mit einer hundertprozentigen Staatsgarantie für Unternehmen ab 10 Beschäftigten ist ein ganz entscheidender und wichtiger Baustein zur Krisenbewältigung und schließt substanziell die bisherige Mittelstandslücke bei den Corona-Hilfen. Wenn allerdings der Staat zu 100% bürgt, dann werden die zu zahlenden Zinsen niedrig sein müssen und kaum noch einen Sicherungsanteil enthalten. Die Bank reicht letztlich ja nur das Geld weiter, ohne eigene Haftungsrisiken.“  

Grenzen: Personalausfall und gestörte Lieferketten

Doch nicht nur finanziell stoßen Betriebe derzeit an ihre Kapazitätsgrenzen. Eine Umfrage der Handwerkskammern im Land unter ihren Mitgliedern zeigt, dass derzeit 36 Prozent der Betriebe mit coronabedingtem Personalausfall zu kämpfen haben. Besonders belastet sind die Gesundheitshandwerker und persönlichen Dienstleister. Dadurch kann es in einzelnen Fällen zu Verzögerungen in der Kundenversorgung kommen. „Qualität im Handwerk zeigt sich nicht nur in Produkten und Dienstleistungen, sondern vor allem in seinen Mitarbeitern. Diese werden gerade in Krisenzeiten dringend benötigt und belastet, um bestehende Aufträge der konjunkturellen Hochphase abzuarbeiten“, betont Mehlich.   Aber auch gestörte oder unterbrochene internationale Lieferketten bereiten den Betrieben Sorgen. 31 Prozent der Betriebe sind von Versorgungsschwierigkeiten betroffen. Ihnen fehlen dringend benötigte Materialien, Vorprodukte, Komponenten oder Betriebsmittel. Dadurch werden Angebote handwerklicher Dienstleistungen und Produkte manches Mal knapp bzw. verzögert. Besonders von den Lieferproblemen betroffen sind die Bau- und Ausbauhandwerke sowie die Handwerke für den gewerblichen Bedarf und den Kfz-Bereich, wo jeweils mehr Betriebe als im gesamthandwerklichen Durchschnitt von entsprechenden Engpässen berichten.