Steuererhöhungen sind Unsinn fürs regionale Handwerk

Handwerkskammer Ulm arbeitet mit Hochdruck an Soforthilfe-Anträgen; Neben Zuschüssen braucht es auch eine dauerhafte Befreiung von Bürokratie-Auflagen; Neue Termine für Abschlussprüfungen für Auszubildende der Region

Seit etwas mehr als einer Woche können Handwerksbetriebe mit Liquiditätsengpässen aufgrund der Corona-Krise bei der Handwerkskammer Ulm Soforthilfe-Zuschüsse aus dem Programm des Landes Baden-Württemberg abrufen. Es sind seither knapp 4.600 Anträge der insgesamt 19.500 Handwerksbetriebe zwischen Ostalb und Bodensee eingegangen. 80 Prozent der Soforthilfeanträge kommen von kleinen Betrieben mit bis zu fünf Mitarbeitern. 11 Prozent von Betrieben mit bis zu 10 Mitarbeitern und 9 Prozent von Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern. Die Handwerkskammer Ulm hat 2.779 Anträge davon bereits verarbeitet, geprüft und ggf. zur Auszahlung an die L-Bank empfohlen bzw. abgelehnt. Manche von ihnen befinden sich noch in Abstimmung und Nachbearbeitung mit den Antragstellern. 1.744 davon sind bereits der L-Bank zur Zahlung empfohlen worden. Das entspricht einer bearbeiteten und zur Auszahlung empfohlenen Fördersumme von über 20.1 Mio. Euro. „Wir wissen sehr genau, dass wir hier mit wertvollen Steuergeldern umgehen. Auch in der besonderen Situation darf niemand Geld bekommen, für den es nicht gedacht ist. Unsere Lösung in Baden-Württemberg, dies die Kammern schnell und unbürokratisch bearbeiten zu lassen, hat große Vorteile gegenüber Bayern. Wir kennen aus unserer Handwerksrolle die Sprache und die Situation der Antragsteller, sind nah dran und können somit zügig einschätzen, wer die Zuschüsse wirklich braucht und wer nicht“, betont Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.  

Liquidität der Betriebe sichern – auch über angepasste Steuerpolitik Denn Steuergelder müssen auch erwirtschaftet werden, zum Beispiel in den Handwerksbetrieben. Das regionale Handwerk erteilt daher neuen Steuern oder Steuererhöhungen wie von einigen Parteien ins Spiel gebracht, eine klare Absage. „Im Gegenteil: Die Politik sollte jetzt alle Möglichkeiten ausschöpfen, auch über die Steuerpolitik Liquidität in den Betrieben zu lassen. Sonst werden die bisherigen Bemühungen konterkariert“, findet Mehlich. Vielmehr müsse es das Ziel sein, weitere Entlastungen für die steuerzahlenden Handwerksbetriebe zu schaffen, beispielsweise auch durch unbürokratischere Abläufe bei Umsatzsteuer-Voranmeldungen, die vorübergehend vierteljährlich abgegeben werden, mit einer Verlängerung der Abgabefrist der Lohnsteueranmeldungen oder dadurch, dass auf die Einführung neuer komplizierter Compliance-Vorschriften verzichtet wird. Auch die derzeitige Nichtbeanstandungsregelung für die Verwendung von Registrierkassen ohne zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung sollte unbedingt verlängert werden. „Nicht nur die Lebensmittelhandwerke, Handwerker sind insgesamt Versorger der regionalen Bevölkerung und für die Menschen wichtig. Manche Bürokratie, die wir in der Krise einschränken oder abschaffen, sollten wir darüber hinaus komplett einschlafen lassen und gar nicht erst wieder eröffnen. Die Menschen sind kreativ und flexibel und dann auch stark. Das zeigt uns die Krise gerade. Geben wir uns doch wieder ein Stück dieser Stärke auch nach der Krise zurück“, findet Mehlich.  

Neue Termine für Azubi-Abschlussprüfungen Nach jetzigem Stand finden die schriftlichen Abschlussprüfungen in Baden-Württemberg für nahezu alle Berufe gemeinsam mit den Berufsschulen in der Zeit vom 23. bis zum 25. Juni 2020 statt. Darauf haben sich die Handwerkskammern im Land mit dem Kultusministerium Baden-Württemberg und den anderen zuständigen Stellen verständigt. Alle Betriebe und Auszubildenden werden über die neuen Zeitpläne zeitnah informiert. Es wird Zeit brauchen, das System wieder hoch zu fahren. „Wir wollen die Prüflinge nicht zu lange auf die Wartebank schieben. Es wäre schön, wenn dann Ferientermine keine Hinderungsgründe für Nachholtermine sind“, wünscht sich Mehlich und fügt an: „Wir arbeiten daran, die Ausbildungschancen in 2020 aufrecht zu erhalten. Wer eine berufliche Ausbildung hat, ist die gefragte Fachkraft von morgen. Und Zukunftsperspektiven machen doch gerade in schwierigen Zeiten Hoffnung.“