Handwerk für junge Menschen attraktiver als gedacht

Neue Studie zeichnet positives Bild der Branche bei Jugendlichen – Handwerkskammer Ulm fordert mehr Berufsorientierung an Schulen

Ein Schreiner-Azubi schneidet an einer Maschine eine Holzbrett.

Junge Menschen stehen einem Handwerksberuf deutlich offener gegenüber als oftmals angenommen – das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln hervor. Für die Studie wurden rund 250 Handwerksbetriebe des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes sowie mehr als 200 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahre befragt. Ergebnis: Knapp 30 Prozent der befragten Jugendlichen können sich eine Karriere im Handwerk vorstellen. Dennoch arbeitet bisher nur jeder Zehnte der Befragten tatsächlich im Handwerk. Dazu sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm: „Die Studie beschreibt das Potenzial für unsere Handwerksbetriebe. Wir müssen die handwerklichen Berufe für die Jugendlichen noch attraktiver machen und die Berufsorientierung an den Schulen forcieren. Wie sehen auch die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu verbessern und Anreize zu schaffen, um mehr Menschen für unser Handwerk zu gewinnen. Es bedarf einer echten Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung.“ Gerade in Zeiten des steigenden Fachkräftebedarfs seien etwa die bessere Förderung der beruflichen Bildung, Vergünstigungen für Auszubildende und generell ein Abbau der Bürokratiebelastungen für Handwerksbetriebe nötig.

Die Attraktivität der Branche wurde in der Studie anhand von sechs Kategorien gemessen, darunter etwa „Gehalt und Anerkennung“ sowie „Sinn und Bedeutung“. Sowohl die teilnehmenden Jugendlichen als auch die Betriebe selbst bewerteten insbesondere die Sinnhaftigkeit der Handwerksberufe als sehr positiv. Zudem stufen die jungen Studienteilnehmer eine duale Ausbildung im Handwerk als genauso attraktiv ein wie ein Unistudium. Auch die krisensicheren Arbeitsplätze im Handwerk werden unter jungen Menschen geschätzt. Verbesserungsbedarf sehen die Jugendlichen hingegen vor allem bei der Vergütung. Und das obwohl in mehreren Studien mittlerweile klargestellt wurde: Die Verdienstchancen im Handwerk entsprechen denen mit einem Studienabschluss. Aus Sicht der jungen Menschen gäbe es im Handwerk zudem geringere Karrieremöglichkeiten als etwa in der Industrie. „Das Wissen über die Möglichkeiten und Chancen im Handwerk ist ein entscheidender Faktor, damit junge Menschen einen Handwerksberuf wählen. Und daran hapert es. Wir müssen Fehlvorstellungen beseitigen, insbesondere an und mit den Schulen noch mehr leisten und den Jugendlichen die Vorzüge einer handwerklichen Karriere vermitteln“, so Mehlich. Dennoch hat sich die Zahl der Auszubildenden gegenüber dem Vorjahr leicht um 2,2 Prozent erhöht. Auch die Zahl der Abiturienten, die sich für eine handwerkliche Ausbildung entscheiden, ist in den vergangenen Jahren gestiegen und liegt derzeit bei über 17 Prozent.

Knapp 30 Prozent der Azubis machen eine handwerkliche Lehre. Damit ist das Handwerk einer der großen Ausbilder der jungen Menschen. Im Gebiet der Handwerkskammer Ulm zwischen Ostalb und Bodensee haben mehr als 2.600 junge Menschen zum Ausbildungsstart eine handwerkliche Lehre begonnen: im Landkreis Heidenheim sind es 216 neue Auszubildende, im Ostalbkreis 571, im Alb-Donau-Kreis 330, im Landkreis Biberach 382, im Bodenseekreis 297, im Kreis Ravensburg sind es 581 Azubis und im Stadtkreis Ulm haben 243 junge Menschen gestartet. „Wir wachsen, könnten aber noch mehr wachsen. Dieses Potenzial wollen wir heben“, sagt Mehlich.