ZDH-Präsident Dittrich zu Besuch bei der Handwerkskammer Ulm

Energiewende, Bürokratieabbau, Fachkräftemangel, der Stellenwert der beruflichen Bildung und die Zukunft der Sozialversicherungen – das waren Themen, die der ZDH-Präsident Jörg Dittrich ansprach

Ein Mann sitzt am Tisch und unterhält sich.
Handwerkskammer Ulm

Die Handwerkskammer Ulm hat zur Jahresbegegnung an den Bodensee geladen und Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), kam gerne, um den versammelten Vertretern von Politik, Verwaltung und Handwerkerschaft seine Botschaften mitzugeben.

Bei hochsommerlichen Temperaturen kamen nicht nur die Gäste der Jahresbegegnung 2023 ins Schwitzen – auch Ehrengast und Hauptredner ZDH-Präsident Dittrich hatte mit den Temperaturen zu kämpfen. Dennoch absolvierte er souverän einen Interview-Marathon mit Tagespresse, Fernsehen und Rundfunk. Um wenig später eine mitreißende Rede zu halten, in der er auf die Energiewende, den Stellenwert der beruflichen Bildung sowie die Finanzierung der Sozialversicherungen einging.

Viel Applaus bekam er für seine Aussagen zum Heizungsgesetz, das vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde. Er kritisierte, dass der Gesetzgebungsprozess viel zu hastig abgelaufen sei und die Expertise des Handwerks nicht ausreichend eingeholt wurde. „Jetzt können alle nochmal nachdenken“, so der ZDH-Präsident. Insbesondere Fragen zum Wärmeplanungsgesetz und der Förderkulisse müssten bis zum Herbst geklärt werden. „Letztlich muss sich die Heizungswende auch finanziell tragen, damit sie nachhaltig wirkt. Wir müssen uns das Gesetz auch dauerhaft leisten können.“

Dittrich sprach den Fachkräftemangel an, der sicher demografische Gründe habe, aber auch Resultat einer verfehlten Bildungspolitik sei: „Wir brauchen eine Bildungswende. Wir haben zu viele in Richtung Studium geschickt.“ Wichtig ist ihm, dass Schüler aller Schularten mehr über die Karrierewege und beruflichen Chancen im Handwerk erfahren. Und er fordert, dass berufliche Bildung identisch finanziert wird wie die akademische. Denn aktuelle Herausforderungen wie die Energie-, Klima- und Mobilitätswende könnten nur mit dem Handwerk umgesetzt werden. „Wir müssen auf jeden Fall noch viel mehr für das Handwerk trommeln.“ Deshalb führt der Zentralverband des Deutschen Handwerks auch die seit 2010 laufende Imagekampagne weiter, die laut Umfragen die Wertschätzung gegenüber Handwerksberufen deutlich verbessert hat.

Fünf Männer unterhalten sich miteinander.

Auch die Finanzierung der Sozialsysteme nahm Dittrich in den Blick: „Allein der Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge dieses Jahr kostet Betriebe und ihre Beschäftigten Milliarden Euro. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben weniger Geld im Portemonnaie, gleichzeitig muss in den Betrieben das Geld erwirtschaftet werden. Teils schlägt das dann auch in höheren Rechnungen für die Kunden durch. Wir müssen aufpassen, dass nicht eine Unbezahlbarkeit der Handwerksleistung droht.“

Den Industriestrompreis lehnt er in der geplanten Form ab. Denn der würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen. „Wenn ein Strompreis-Rabatt kommen soll, muss klar sein, wie lange dieser gilt und wie er wirken soll – und er muss dann auch für das Handwerk geöffnet werden. Denn auch bei uns gibt es sehr viele Betriebe, die sehr energieintensiv sind, zum Beispiel Fleischereien, Bäckereien, Galvanisierungsbetriebe, Kfz-Werkstätten oder die Textilreinigungsbetriebe.“

Nachdrücklich fordert der ZDH-Präsident den Abbau von überbordender Bürokratie, die die Handwerksbetriebe sehr belastet. Er schilderte das Beispiel von Bäckern, die nicht nur ihre Verbrauchsmengen an Mehl dokumentieren müssen, sondern auch jedes Gramm Butter, das sie auf ein Brötchen aufstreichen und wie viele Salatblätter auf diesem Brötchen liegen. „Das ist ein Beispiel: Wir haben es übertrieben, wir müssen einen anderen Weg einschlagen“, so Dittrich.




Telefon 0731 1425-6103
presse@hwk-ulm.de