Bayern als Vorbild? 

Die aktuellen Ausbildungszahlen haben zwei Seiten. Eine gute und eine, die mir Sorgen macht. Zuerst die gute: 2.514 Jugendliche haben in diesem Ausbildungsjahr bei uns zwischen Ostalb und Bodensee eine Lehre begonnen. Sie sind in ihre handwerkliche Karriere gestartet und erlernen Handwerkswissen. Sie werden mit diesem Wissen die Zukunft in unserem Land mitgestalten. Diese jungen Menschen beglückwünsche ich und wünsche mir, dass ihnen ihr Handwerksberuf genauso viel Freude macht wie mir meiner. Hört nie auf, neugierig zu sein, neu und Neues zu denken. So hilft uns unser Beruf, dass wir uns ein Leben lang weiterentwickeln. Unsere Handwerke sind tolle Berufe! Zur Wahrheit gehört aber auch, und das ist die schwierige Seite: das sind weniger Auszubildende als im Vorjahr. Dieser erneute Rückgang bereitet mir Sorgen – nicht nur für uns im Handwerk, sondern auch für unser Land. Denn jede Lehrstelle, die unbesetzt bleibt, ist eine vertane Chance. Wir qualifizierten Fachkräfte sind und werden gesucht. Jetzt und künftig. Deshalb braucht es mehr Anerkennung und mehr Anstrengung für die berufliche Bildung. Wir brauchen eine echte Bildungswende. Es muss unser aller Ziel sein, das junge Menschen das Handwerk erleben können. Denn nur dann wissen die jungen Menschen, ob Handwerk etwas für sie ist – oder eben nicht. In einer bewussten Entscheidung. Dazu brauchen wir mehr Berufsorientierung in den Schulklassen. Deshalb fordert unsere Kammer einen „Tag des Handwerks“ an allen allgemeinbildenden Schulen. Damit wir den Schülerinnen und Schülern die attraktiven Berufe und Karrierewege unseres modernen Handwerks unterrichtsbegleitend näher bringen können. In Bayern wird ein solcher Tag ab diesem Schuljahr verpflichtend eingeführt. Baden-Württemberg sollte sich das zum Vorbild nehmen und hier nachziehen.

Wilfried Pfeffer, Vizepräsident der Handwerkskammer Ulm.

Dieser Kommentar ist erschienen in der DHZ-Ausgabe 18-2022.