Angebote nutzen, Azubi finden

Dass es derzeit einen hohen Bedarf an qualifizierten Fachkräften gibt, überrascht uns Handwerkerinnen und Handwerker nicht. Wir wissen das schon länger. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) sind zuletzt bis zu 40 Prozent aller Ausbildungsstellen in Deutschland unbesetzt geblieben – nicht nur im Handwerk, sondern in der gesamten Wirtschaft. Aber gerade wir im regionalen Handwerk stehen vor wichtigen Zukunftsaufgaben, die wir mitgestalten – Energiewende, Klimaschutz oder digitale Straßen.

Ohne uns Handwerkerinnen und Handwerker wird die Umsetzung nicht gelingen. Das haben viele von uns in den Betrieben längst erkannt, suchen intensiv nach Azubis und bieten mehr Ausbildungsplätze an. Es finden also nicht generell weniger Menschen ins Handwerk. Das wäre ein Trugschluss. Stattdessen wächst der Bedarf. Wir brauchen Fachkräfte. Also bilden wir den Handwerksnachwuchs aus und geben unser Wissen weiter – denn die Azubis von heute sind die Fachkräfte von morgen. Doch es fehlt momentan schlicht an Interessenten.

Unseren knapp 20.000 Handwerksbetrieben zwischen Ostalb und Bodensee ist es vor Corona sechs Jahre in Folge gelungen, mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern. Und das trotz des Drangs zum Studieren und des demografischen Wandels. Seit Corona ist die Situation auf dem Ausbildungsmarkt aber eine andere: Die Pandemie hat Kontakte zwischen Ausbildungsbetrieben und jungen Menschen gekappt und bisher erfolgreiche Kennenlernwege versperrt. Die Berufsorientierung ist durch fehlende Ausbildungsmessen und ausgefallene Veranstaltungen erschwert worden. Das kann langfristig Schäden anrichten. Denn wenn immer weniger Jugendliche ihren Weg in die handwerkliche Ausbildung finden, fehlen zukünftig Fachkräfte, die unsere Kundenaufträge vor Ort abarbeiten.

Wir Betriebe können dabei auf Unterstützungsangebote unserer Kammer zählen – wenn wir wollen. Ausbildungsberater der Handwerkskammer können uns helfen, die Jugendlichen heute zu erreichen. Dazu gehört auch der Auftritt in den sozialen Netzwerken oder eine Anzeige in der Ausbildungsplatzbörse. Kontakte zu Azubis werden auch über eine Bildungspartnerschaft mit einer örtlichen Schule vermittelt. Zusätzlich gibt es Ausbildungsbotschafter, die in Schulklassen von ihren Erfahrungen in der Ausbildung berichten und einen Einblick in ihre Handwerke geben. Es mangelt also nicht an Angeboten. Wir müssen sie nur nutzen.

Metallbaumeister aus Warthausen und Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Ulm.

Dieser Kommentar ist erschienen in der DHZ-Ausgabe 9 2022.