Kein Widerrufsrecht, wenn der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen ein vom Handwerker am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag lediglich annimmt

Ein Verbraucher und ein Dachdeckerbetrieb stritten über die Wirksamkeit eines Verbraucherwiderrufs. Der BGH entschied i.S.d. Dachdeckerbetriebes (BGH, Urteil vom 6.7.2023 – VII ZR 151/22). Trotz diese „handwerkerfreundlichen“ Urteils empfiehlt es sich jedoch für alle Handwerkbetriebe, die vor Ort beim Kunden tätig sind, ein besonderes Augenmerk auf die Thematik Verbraucherwiderrufsrecht zu haben.

Ein Verbraucher beauftragte einen Dachdeckerbetrieb mit verschiedenen Arbeiten. Im Zuge der Ausführungen machte ein Mitarbeiter des Dachdeckerbetriebes den Verbraucher auf einen defekten Wandanschluss des Daches aufmerksam.  Der Dachdeckerbetrieb kalkulierte bei einem Ortstermin die zusätzlichen Arbeiten und Kosten und erläutert diese dem Verbraucher. Dieser erteilte den Auftrag am Folgetag telefonisch. Eine Widerrufsbelehrung erhielt der Verbraucher nicht. Nach der Durchführung des Auftrages widerrief der Verbraucher den Auftrag schriftlich und verlangte per Klage die Rückzahlung des geleisteten Werklohnes.

Wenn Werkverträge, beispielsweise vor Ort beim Kunden abgeschlossen werden, kann dem Kunden als Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehen. Das bedeutet, der Kunde kann sich einseitig ohne Angabe von Gründen vom Vertrag lösen. Über dieses Widerrufsrecht muss der Verbraucher vom Handwerker ordnungsgemäß belehrt werden. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung verlängert sich die Widerrufsfrist von zwei Wochen um ein Jahr. Der Verbraucher muss dann auch keinen Wertersatz für die bis dahin erbrachten Leistungen bezahlen. Der Handwerksbetrieb geht leer aus, auch wenn der Vertrag ordnungsgemäß und mangelfrei erfüllt worden ist!

Das Widerrufsrecht soll jedoch nach dem Urteil des BGH nicht bestehen, wenn der Hand­wer­ker vor Ort beim Kunden ein An­ge­bot abgibt und der Kunde die­ses am nächs­ten Tag te­le­fo­nisch an­nimmt. So­bald An­ge­bot und An­nah­me zeit­lich und räum­lich aus­ein­an­der­fal­len, be­steht laut BGH kein Wi­der­rufs­recht. Es fehlt an der gesetzlich geforderten gleichzeitigen Anwesenheit der Parteien bei Vertragsschluss. Eine zeitlich versetzte Auftragserteilung wird nicht erfasst. Der Verbraucher ist insoweit nicht schutzbedürftig, da er ja schließlich die Möglichkeit habe, über das Angebot des Handwerkers nachzudenken; er wird gerade nicht überrumpelt. Die Klage des Verbrauchers war somit nicht erfolgreich.



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